Baden-Baden

Oase der Begegnung

Nach fast vierjähriger Bauzeit erfolgte im Juni 2016 die Fertigstellung des Goethe-Instituts Kairo in der Sharia Wassef Nr. 17 im Stadtteil Dokki am westlichen Nilufer. Eine stetig steigende Nachfrage nach Deutschkursen und Kulturprogrammen machte die Erweiterung der Räumlichkeiten erforderlich und schließlich auch den Umzug des Instituts. Das neue Gebäudeensemble verfügt nun über 15 multimediale Unterrichtsräume sowie einen der modernsten Veranstaltungssäle Kairos. Ein zentrales Element des Neubaus ist eine Bibliothek, die auch als Raum der Begegnung und des Dialogs dient. Als tragendes Verbindungselement zwischen den Gebäudeteilen kam der Schöck Dorn des Bauteileherstellers Schöck Bauteile GmbH aus Baden-Baden zum Einsatz.

Bislang auf mehrere Standorte in der Stadt verteilt, ist das Goethe-Institut in Kairo seit 58 Jahren ein Treffpunkt der Kulturen. Die Räume des neuen Instituts bieten nun mehr Möglichkeiten für Sprachkurse, Veranstaltungen mit Musik, Theater, Tanz und Diskussionsformaten als bisher. Die Projektleitung der Um- und Neubaumaßnahmen auf einer ehemaligen DDR Liegenschaft in der Sharia Hussein Wassef in Dokki erfolgte durch die Auslandsabteilung des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR). Eine auf dem Grundstück stehende, baufällige, zweigeschossige Villa wurde rekonstruiert, die daran angrenzenden Nebengebäude abgerissen und ein umfangreiches Neubauensemble errichtet. Auf dem Grundstück befinden sich nun alle öffentlichen Bereiche des Instituts.

Moderne Architektur kombiniert mit arabischer traditioneller Bauform

Das Erfurter Büro Worschech Architekten Planungsgesellschaft mbH gewann 2007 als Generalplaner (GP) mit seinem Entwurf den vom BBR ausgelobten Realisierungswettbewerb für den Um- und Neubau des Goethe-Instituts.

Unter der Projektleitung durch Herrn Marcus Johansson entstand von Beginn an ein leistungsfähiges Team verschiedener Fachplaner für die schrittweisen Planungsphasen einschließlich der Bauüberwachung. Vordringlich galt es, den großen Gartenteil, u.a. mit vielen Palmen, zu erhalten. Der Neubau wurde deshalb ganz bewusst an den Rand des Gartens gesetzt und erinnert so an arabische Innenhöfe. Gliederung und Höhenstaffelung richten sich nach den benachbarten Villenbauten. Es entstand ein Ensemble aus Villa, Saalbau, darüber liegender Bibliothek und einem anschließenden Riegel an Unterrichtsräumen. Dieser Riegel erstreckt sich entlang des südlichen Grundstücksrandes und grenzt an den zweiten, inneren Gartenbereich. Die 17 Klassenzimmer sind in locker gruppierten Kuben untergebracht, die untereinander durch eine zum Garten offene, im Erdgeschoss etwas erhöhte Loggia verbunden sind. Mit seinen kubischen, klaren Baukörpern, der Fassade aus hellem Sichtbeton und den großen Fensterflächen steht der Bau einerseits in Tradition der Bauhaus-Moderne. Andererseits verweisen die Staffelung der einzelnen Bauteile und ornamental perforierte Metallbalken auf ägyptische Bautraditionen. Entstanden ist ein offenes, transparentes Gebäude, das sich harmonisch in die Umgebung einfügt.

Koordination des Projekts

„Die Planung und der Bau des Instituts fiel in eine politisch sehr turbulente Zeit in Ägypten. Die Herausforderung lag hier in der Koordination der Bauausführung, denn viele in Deutschland gängige Baustoffe und Bauteile, wie zum Beispiel der Schöck Dorn, waren vor Ort nicht erhältlich und mussten extra eingeflogen werden. In schwierigeren Zeiten, unter anderem mit Ausgangssperren, konnten die Mitarbeiter nicht zur Baustelle kommen, Lastwagen keine Straßen befahren um Lieferungen zur Baustelle zu bringen. Dadurch hat sich die Bauzeit fast verdoppelt. Für die Verzögerung hatte der Bauherr, das BBR, sehr viel Verständnis“, so Mamdouh Habashi, von der Bauunternehmung Al Habashi, vor Ort in Kairo. Mamdouh Habashi kennt beide Kulturen gut, denn der gebürtige Ägypter hat an der TU Berlin Bauingenieurwesen studiert. „Für ein solches Projekt ist es natürlich von Vorteil die arabische Mentalität zu kennen, aber auch Erfahrung in der Zusammenarbeit mit den deutschen Behörden, Architekten und Statikern zu haben“. Bei dem Bau des Goethe-Instituts konnte das Bauunternehmen innovative umweltfreundliche Techniken anwenden. So wird zur Klimatisierung der Räumlichkeiten Grundwasser genutzt und wieder zurückgeführt, eine Technik, die zum ersten Mal in der MENA-Region zur Anwendung kommt.

Bauausführung

Der neue Komplex des Goethe-Instituts in Kairo besteht aus drei Gebäudeteilen. Im ersten Teil befindet sich im Erdgeschoss der Saalbau und darüber die Bibliothek sowie die Sprachabteilung. Im zweiten Gebäudeteil ist der Klassentrakt für die Deutschkurse untergebracht. Die rekonstruierte Villa stellt das dritte Gebäude dar. Die hohe Anforderung an die Erdbebensicherheit machte die Rekonstruktion der baufälligen, aus der Kolonialzeit stammenden Villa erforderlich. „Alle Gebäude sind auf Sand gegründet. Das Untergeschoss wurde in wasserundurchlässiger Bauweise errichtet, da der Grundwasserspiegel aufgrund der Nähe zum Nil über der Gründungsebene liegt“, erklärt Peter Mücke von der R&P Ruffert Ingenieurgesellschaft mbH aus Erfurt. „Das vier geschossige Gebäude wurde in Stahlbeton-Massivbauweise gebaut. Die vertikale Lastableitung erfolgt über unregelmäßig verteilte Stützen und Wände. Zwischen den Gebäudeteilen Saalbau und Klassentrakt wurde im Bereich einer Verbinderbrücke über alle Ebenen eine zwei Zentimeter breite Dehnfuge angeordnet. Um die Übertragung der aus Erdbebenlasten resultierenden Horizontalkräfte auszuschließen, kamen zur Übertragung der Vertikallasten Schöck Querkraftdorn Typ ESD-SQ 30/350 des Unternehmens Schöck Bauteile GmbH zum Einsatz. Der Schöck Dorn stellte hier die wirtschaftlichste und praktikabelste Lösung dar, denn durch die sehr schlanken Bauteilabmessungen war die Ausführung von Stahlbeton-Konsolen nicht möglich.

Schöck Dorn als Verbindungselement

In Betonbauteilen, die sich zueinander bewegen, können aufgrund von Temperaturschwankungen Schwinden und Kriechen des Betons erhebliche Beanspruchungen und somit Risse oder andere Bauschäden entstehen. Aus diesem Grund werden Dehnfugen eingebaut. Diese Dehnfugen können einzelne Bauteile oder wie in diesem Fall gesamte Gebäudeteile trennen. Sie erlauben dem einen Gebäudeteil sich unabhängig vom anderen Teil auszudehnen. Im Bereich der Fuge müssen die durch die Fuge getrennten Bauteile aufgelagert werden. Konventionell wurden hierfür Konsolen mit Gleitlagern oder eine doppelte Ausführung der tragenden Wände und Stützen an der Bauwerksfuge verwendet. Diese Vorgehensweise ist jedoch aufwendig zu bewehren und zu schalen, zudem benötigt sie Platz, was den späteren Ausbau und die Nutzung einschränkt. Eine einfachere Lösung bietet der Schöck Dorn: Er ist einbaufertig und ermöglicht somit eine einfache Planung bzw. Schalung. Die Bewehrungsführung wird dadurch vereinfacht. Der Schöck Dorn überträgt hohe Querkräfte in den Dehnfugen bei gleichzeitiger Verschieblichkeit längs und quer zur Dornachse. Durch den Einsatz von hochwertigen Edelstählen wird ein sicherer und wartungsfreier Anschluss garantiert. Die Wahl des richtigen Schöck Dorn ergibt sich aus der Tragfähigkeit in der jeweiligen Einbausituation. Die Schöck Dorn Bemessungssoftware erlaubt eine einfache und schnelle Bemessung von Dehnfugen mit dem Schöck Dorn Typ SLD und LD.

Ein langer Weg

Viele Jahre Planung und fast vier Jahre Bauzeit haben sich gelohnt − umso freudiger ist es, dass der Neubau 2016 mit einer mehrtägigen Feier eröffnet werden konnte und ein Zeichen für Offenheit und Transparenz setzt. Hagen Thiele Projektleiter vom BBR resümiert: „Das Konzept hat sich bewährt, das Gebäude funktioniert in allen Teilen. Wir hoffen, dass dieser Ort ein Treffpunkt der Kreativität und des interkulturellen Austausches wird, sodass dieser Ortswechsel im Sinne des Goethe-Instituts zu neuen Perspektiven führt“.

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