Düsseldorfer U-Bahn-Bau mit GFK-Bewehrung

Tiefbau im innerstädtischen Ballungsraum: In Düsseldorf wird zurzeit der größte unterirdische Bahnbau der Stadt umgesetzt – die „Wehrhahn-Linie“. Die neue Stadtbahnlinie erweitert das lokale Bahnnetz um sechs unterirdische sowie zwei oberirdische Bahnhöfe. In nur sieben Jahren soll die Linie fertig gestellt sein – mit möglichst geringen Beeinträchtigungen während der Bauphase. Start- und Zielschacht werden in offener Bauweise erstellt, den Rest übernimmt eine Tunnelbohrmaschine (TBM), die sich relativ unbemerkt unter der Stadt durchgräbt. Im Bereich der TBM-Durchfahrung sind die Schlitzwände lokal aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) bewehrt. Eingesetzt wird hier die Sonderbewehrung „ComBAR“ mit einem Nenndurchmesser von 32 Millimetern. Das Produkt vom Bauteilehersteller Schöck kann von der TBM direkt durchörtert werden. Das spart Zeit und Baukosten.

Stadtentwicklung durch City-Unterfahrung: In Düsseldorf wird zurzeit eine rund 3,4 Kilometer lange U-Bahn-Trasse gebaut, die die östlichen und westlichen Stadtteile näher an das Zentrum rücken sollen. Die neue „Wehrhahn-Linie“ soll in nur sieben Jahren Bauzeit das Stadtbahnnetz um sechs unterirdische sowie zwei oberirdische Bahnhöfe erweitern. Rund 650 Millionen Euro investieren Stadt, Land und Bund in das Projekt. Gleichzeitig sollen während der Bauphase die Verkehrsbeeinträchtigungen möglichst gering gehalten werden. Für die neuen unterirdischen Bahnhöfe wurde deshalb die sogenannte Deckelbauweise gewählt: Bei dieser offenen Bauweise werden Schlitzwände zur Baugrubensicherung zunächst nur auf einer Fahrbahnseite eingebaut. Nach Abschluss der Bauarbeiten wird ein Betondeckel gegossen, der auf die Stützen gelegt wird – die Decke der künftigen Bahnhöfe. Jetzt kann der Verkehr auf den Deckel umgelegt werden. So fließt der Verkehr auf einer Seite weiter, während auf der anderen Seite das gleiche Verfahren angewandt wird. Ist der Deckel komplett, erfolgt der weitere Ausbau unterirdisch. Eingesetzt wird eine Tunnelbohrmaschine (TBM), die im Stadtteil Bilk startet und nördlich des Düsseldorfer Zentrums am Bahnhof Wehrhahn ihr Ziel erreicht. Die Schildfahrt wird voraussichtlich Mitte 2011 abgeschlossen sein.

Der Tunnel wird bei dem Bauprojekt „Wehrhahn-Linie“ im Schildvortrieb-Verfahren hergestellt. Eine mehr als neun Meter hohe und 50 Meter lange Schildmaschine gräbt sich in rund zehn Metern Tiefe unter der Stadt durch. Die TBM-Fahrt startete über eine Rampe an dem künftigen Bahnhof in Bilk. Von hier aus gräbt sie in Richtung „Wehrhahn“, dem zweiten oberirdischen Bahnhof. Mit einem Gewicht von 115 Tonnen erreicht die TBM eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 10 Metern pro Tag. Das abgetragene Material wird automatisch aus dem Bohrbereich abtransportiert. Gleichzeitig versetzt die Tunnelbohrmaschine direkt hinter dem Bohrkopf Tunnelringsegmente aus Stahlbeton – die sogenannten Tübbings. Der Schildvortrieb gilt als relativ störungsfreies Verfahren, da oberirdisch der Verkehr weiter fließen kann und die Lärmbelastung zugleich gering gehalten wird. Die späteren Bahnhöfe werden in der Bauphase als Start-, Ziel- und Durchfahrtsschächte für die Tunnelbohrmaschine genutzt. Zur Baugrubensicherung sind Schlitzwände vorgesehen.

Schlitzwände: Durchfahrbereiche GFK-bewehrt

Beim U-Bahn-Bau in Düsseldorf sind die Baugruben durch Schlitzwände gesichert, die bis in die tertiären Schichten eingebunden sind. Da die Tunnelbohrmaschine eine mit Betonstahl bewehrte Schlitzwand nicht durchfahren kann, müsste diese im Durchfahrbereich von Hand aufwändig abgebrochen werden. Stahlbewehrte Schlitzwände bedingen somit ein Anhalten der TBM, ein manuelles Lösen des Betons sowie ein Herausbrennen der Stahlbewehrung. Um dabei sicherzustellen, dass das Erdreich hinter der Wand nicht in die Baugrube einbricht, sind im Regelfall zusätzlich kosten- und zeitintensive Sicherungsmaßnahmen hinter der Baugrubenwand erforderlich.

Wirtschaftliche und verfahrenstechnische Aspekte führten daher auch beim Bauprojekt in Düsseldorf zu der Entscheidung, die Schlitzwände im TBM-Durchfahrtsbereich nicht mit Betonstahl zu bewehren. Stattdessen werden die Schlitzwände im Bereich der TBM-Durchfahrung speziell bewehrt: Eingesetzt wird die Sonderbewehrung „ComBAR“ vom renommierten Bauteilehersteller Schöck aus Baden Baden. Die glasfaserverstärkte Kunststoffbewehrung (GFK) kann aufgrund der leichten Zerspanbarkeit direkt von der Tunnelbohrmaschine durchfahren werden. Durch die lokal GFK-bewehrten Abschnitte in den Durchfahrbereichen der TBM – die sogenannten „Soft-Eyes“ – entfallen aufwändige Erdsicherungsmaßnahmen. Das spart Bauzeit und damit gleichzeitig Baukosten.

Schöck ComBAR besitzt ähnliche Verbundeigenschaften wie Betonstahl, ist aber im Gegensatz zu stahlbewehrtem Beton resistent gegenüber Chemikalien, Magnetismus und elektrischem Strom. Die GFK-Bewehrung wird deshalb auch als Sonderbewehrung für Spezialanwendungen im Hafenbau sowie in Forschungs- und Energieanlagen eingesetzt. Zudem kann sie sowohl dauerhaft tragend unter Last als auch für temporäre Bewehrungsmaßnahmen eingesetzt werden – wie jetzt beim Bau der Wehrhahn-Linie in Düsseldorf.

Optimierte Anwendung

Eingesetzt wird die Schöck-Sonderbewehrung für die Schlitzwände, die von der TBM zerspant werden müssen. „Für einen ökonomischen und gleichsam baupraktischen Einsatz, optimierten wir den Einbaubereich von ComBAR“, erklärt Schöck-Ingenieur Jörg Schweinfurth. Die GFK-Bewehrung wurde ausschließlich dort eingesetzt, wo konventioneller Stahlbewehrung Grenzen gesetzt sind. Für diese Spezialbauweise war dennoch eine Zustimmung im Einzelfall (ZiE) nötig. Diese wurde von der zuständigen Behörde in Düsseldorf zügig vergeben – aufgrund der guten Erfahrung mit dem Schöck-Produkt bei ähnlichen Bauprojekten.

Die Hauptbewehrung der Schlitzwand-Körbe besteht für das Düsseldorfer Bauprojekt aus ComBAR-Stäben mit einem Nenndurchmesser von 32 Millimetern. Querkräfte leiten eingebaute Kopfbolzen ab und diagonal eingebaute Stäbe steifen die Körbe zu einem stabilen Fachwerk aus. Damit ist die Bewehrung resistent gegenüber Lasten in alle Richtungen. Die Körbe können ohne zusätzliche Aussteifungen durch Stahl in die Senkrechte gebracht werden: Zusätzliche Hebeeinrichtungen sind nicht erforderlich und so konnte der bautechnische Ablauf nochmals optimiert werden. „Die GFK-bewehrten Körbe werden in sich mit Rödeldraht verbunden. Die Koppelung an die angrenzenden stahlbewehrten Körbe kann im gleichen Verfahren erfolgen, wie bei den Koppelungen von Körben ausschließlich aus Baustahl.“ so Jörg Schweinfurth zum Bauablauf in Düsseldorf. Komplett vorgefertigt erfolgt der Transport zur Baustelle. Vor Ort können sie mit einem üblichen Kran in die ausgehobenen Schlitze eingesetzt werden. Anschließend wird dann im Kontraktor-Verfahren betoniert.

GFK-bewehrte Abschal-Elemente

Aufgrund zeitlich versetzter Bauabschnitte sind in Düsseldorf neben den Bewehrungskörben auch die Abschal-Elemente mit GFK Stäben zwischen zwei Schlitzwandlamellen im Durchörterungsbereich bewehrt. Eine technische Besonderheit: Denn mit GFK bewehrte Abschalungen müssen nicht wie sonst üblich nach der Betonage wieder gezogen werden. Gleichzeitig sorgen sie für eine hohe Anschlussqualität an die benachbarte Lamelle: Nach dem Aushub einer Lamelle werden zur Begrenzung an den erdseitigen Stirnseiten die glasfaserbewehrten Abschal Elemente eingeführt. Sie bilden gleichzeitig die Fugen der einzelnen Wandabschnitte. Zeitlich versetzte Bauabschnitte können so schrittweise erstellt werden.

Partnerschaftliche Zusammenarbeit

Die Ingenieure von Schöck berieten zu Details der Koppelkonstruktion für die Verbindung mit den anschließenden Stahlbewehrungs-Körben und erstellten die statische Berechnung sowie die Bewehrungspläne für die ComBAR-bewehrten Bereiche Zudem stellten sie Abnahme Checklisten zur Verfügung, die das Prüfen des Materials sowie der konkreten Verarbeitung stark vereinfachten. Das ComBAR-Team leistete Hilfestellung vor Ort und begleitete die ersten Korbeinbauten – und auch während der weiteren Bauphase werden die Ingenieure als kompetente Ansprechpartner auf der Großbaustelle in Düsseldorf zur Verfügung stehen.

 

Bautafel:

Bauprojekt: „Wehrhahn-Linie“, Düsseldorf
Bauherr / Auftraggeber:
Landeshauptstadt Düsseldorf,
Amt für Verkehrsmanagement
Trassenlänge: 3,4 Kilometer
Baubeginn: November 2007
Baukosten: Rund 650 Millionen Euro
GFK-Bewehrung: ComBAR, Schöck Bauteile GmbH, Baden-Baden
Fertigstellung: Voraussichtlich 2014

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