Dauerhafter Einsatz unter hohen Spannungen

Die glasfaserverstärkte Kunststoffbewehrung „Schöck ComBAR“ ist dauerhaft unter hohen Spannungen einsetzbar und damit eine sichere Alternative zu Stahlbewehrungen. Das ist das Ergebnis einer aufwändigen Versuchsreihe, die der Bauteilehersteller Schöck zusammen mit der TU München und dem Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt, Berlin) durchgeführt hat. Für die exakte Bemessung der Dauerzugfestigkeit musste eigens ein „Dauerhaftigkeitskonzept“ auf Basis verschiedener bestehender Prüfprogramme entwickelt werden. Die daraus ermittelten Werte waren grundlegend für die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (DIBt, Z-1.6-238) des ComBAR-Stabes mit einem Nenndurchmesser von 16 Millimetern. Derzeit ist Schöck das einzige deutsche Unternehmen, das über eine Zulassung für einen GFK-Bewehrungsstab verfügt.

Seit Jahrzehnten wird Beton mit Betonstahl bewehrt. Dieser klassischen Bewehrung sind allerdings überall dort Grenzen gesetzt, wo eine hochkorrosive Umgebung herrscht, elektromagnetische Felder zu Induktionsströmen führen können oder eine sehr geringe Wärmeleitfähigkeit gefordert ist. Aus diesem Grund entwickelte der Bauteilehersteller Schöck bereits vor einigen Jahren einen Werkstoff, der alternativ zu Betonstahl eingesetzt werden kann: den Bewehrungsstab „ComBAR“ aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK). Der Name ComBAR leitet sich von „composite rebar“ ab und ist gleichbedeutend mit „Verbundwerkstoff zur Bewehrung“.

Auf europäischer Ebene werden Verbundwerkstoffe wie „Schöck ComBAR“ aufgrund ihrer vorteilhaften Materialeigenschaften zunehmend eingesetzt. Allerdings existierten bisher in Europa für die Bemessung und den Einsatz von GFK-bewehrten Bauteilen noch keine normativen Regeln. Für die einzelnen Bauvorhaben wird von Prüfingenieuren in Deutschland meist eine Zustimmung im Einzelfall (ZiE) gefordert. Richtlinien zur Materialprüfung und Bemessung existierten bislang nur in den USA und in Kanada. Die „Canadian Standards Association“ (CSA) befasst sich beispielsweise mit der Bemessung faserverstärkter Betonbauteile und hat als eine Art Qualitätssicherungsnorm die „CSA S807-10“ veröffentlicht. Diese Richtlinien sind jedoch, zum Beispiel in Hinblick auf das Restfestigkeitskonzept, eher für geringe Lasten beziehungsweise geringe Spannungen ausgelegt. Sie entsprechen nicht mehr den mittlerweile stark verbesserten Materialeigenschaften und werden derzeit zum Teil überarbeitet.

Konzept zur Bemessung der Dauerhaftigkeit

Schöck erarbeitete daher mit dem Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) und der TU München ein spezielles „Dauerhaftigkeitskonzept“, um die charakteristischen Werte der Dauerzugfestigkeit der GFK-Bewehrung „Schöck ComBAR“ zu ermitteln. „Das Alterungsverhalten sollte dahingehend untersucht werden, dass eine möglichst genaue Aussage zu Sicherheit und Zugfestigkeit des Verbundwerkstoffes getroffen werden kann“, erklärt Schöck-Produktmanager Dipl.-Ing. Ben Jütte. Zudem zeichnen sich Materialprüfungen nach DIN-Norm auch dadurch aus, dass Werkstoffe bis zum Bruch getestet werden. „Wir brauchten also ein Prüfprogramm, das einerseits diesen neuen Werkstoffen gerecht wird und andererseits eine Lebensdaueranalyse möglich macht, wie dies beispielsweise für Betonstahl der Fall ist“, so Jütte. Für die Ausarbeitung der Zulassung von ComBAR gründete das DIBt deshalb eigens einen Sachverständigenausschuss (SVA). Dieser bestätigte das entwickelte Prüfverfahren. Viele Versuche, vor allem die Dauerstandversuche, wurden bei Schöck im hausinternen Labor gefahren. Es wurde von den Experten der TU München begutachtet und für die Zulassungsversuche freigegeben. Extern fanden zudem Versuche zum Dauerschwingverhalten an der Universität Karlsruhe und zum Brandverhalten an der TU Braunschweig statt.

Prüfverfahren: Schöck ComBAR im Dauerstandversuch

Grundsätzlich ist das Konzept so angelegt, dass die Stäbe bis zu ihrem Versagen geprüft und die Versagenswerte für eine Belastung von bis zu 100 Jahren extrapoliert werden – es ergibt sich die sogenannte Versagensstandzeit-Linie. Alle Prüfungen fanden in gesättigtem Beton unter extremen, aber realitätsnahen Bedingungen statt. Sowohl die mechanische Belastung durch ständige Zug- und Verbundspannungen als auch die Umweltbedingungen entsprachen dem wirklichen Einsatz in Beton. Die Modellunsicherheit wurde somit – insbesondere im Vergleich zu der von Restfestigkeitsversuchen – um ein Vielfaches reduziert.

Der erste Versuch wurde bei rund 90 Prozent der Kurzzeitfestigkeit des Materials gefahren. Die Zugspannung wurde dabei so lange auf dem ComBAR-Stab konstant gehalten, bis dieser versagte. Bei den darauffolgenden Versuchen wurde die Spannung auf dem Stab schrittweise soweit reduziert, bis die Standzeit bis zum Versagen mindestens 4.000 Stunden betrug. Für wenigstens acht Versuche wurde die aufgebrachte Spannung an einem Stabdurchmesser als Funktion der jeweiligen Standzeit bis zum Versagen auf einer doppelt logarithmischen Skala aufgetragen. Nach DIN 53768 konnte die Versagensstandzeitlinie durch Extrapolation bestimmt werden: Die Mittellinie der aufgetragenen Datenpaare wurde ermittelt und die fünf Prozent Quantil-Linie errechnet. Diese Standzeitlinie stellt die charakteristischen Werte der Dauerzugfestigkeit für unterschiedliche Einsatzgebiete unter der jeweils geprüften Temperatur dar. Nach dem Prüfplan sollten die Versuchsreihen mit 40 Grad Celsius temperiert sein, um einen Großteil möglicher Anwendungen im europäischen Raum abzubilden. Der charakteristische Wert der Dauerzugfestigkeit von ComBAR ist in Deutschland auf 580 Newton pro Quadratmillimeter festgeschrieben. Der Materialfaktor ist auf 1,3 fixiert. Damit ergibt sich für ComBAR eine Bemessungsspannung von 445 Newton pro Quadratmillimeter. Diese Werte gelten für alle Anwendungen und Standzeiten von 100 Jahren.

In weiteren anwendungsbezogenen Dauerstandversuchen konnte zudem nachgewiesen werden, dass die Standzeitlinien für ComBAR-Stäbe mit Durchmessern von 8, 12, 16 und 25 Millimetern identisch sind. Das beweist, dass das Dauerhaftigkeitskonzept die Materialeigenschaften unabhängig vom Stabdurchmesser nachweist. Außerdem hat dies den Vorteil, dass nicht alle Stabdurchmesser einzeln geprüft werden müssen. Es reicht beispielsweise aus, nur den größten und kleinsten ComBAR-Stab und dann jeden zweiten Durchmesser zu prüfen. Das Konzept garantiert insgesamt die gleiche Sicherheit gegenüber Materialbruch wie bei altbekannten Materialien, da das Alterungsverhalten unter gleichen Bedingungen geprüft wird. Zudem kann bei gegebener Spannung und Temperatur eine zuverlässige Lebensdauerprognose erfolgen.

Anwendbar für faserverstärkte Werkstoffe

Das Dauerhaftigkeitskonzept ermöglicht jetzt erstmals eine exakte Bemessung der Dauerzugfestigkeit hochfester Bewehrungsstäbe aus faserverstärktem Kunststoff auf Bruchlastniveau. Zudem können exakte maximal zulässige charakteristische Werte der Dauerzugfestigkeit für verschiedene Kombinationen aus Umweltbedingungen und planmäßiger Einsatzdauer bei gleich bleibendem Sicherheitsniveau ermittelt werden. Das Konzept ist zwar für den Schöck ComBAR-Stab konzipiert, kann aber gleichzeitig auch zur Ableitung der charakteristischen Werte der Dauerzugfestigkeit anderer faserverstärkter Werkstoffe angewendet werden – wie beispielsweise bei Bewehrungsstäben aus Aramid, Basalt oder Karbonfasern. In ähnlicher Form gilt es auch für alle Harze wie Polyester, Epoxid oder Vinylester. Auch international fand das anwendungsbezogene Dauerhaftigkeitskonzept inzwischen Anerkennung: Anfang 2010 wurde es vom technischen Komitee der Canadian Standards Association (CSA) für die Aufnahme in die überarbeitete Norm zur Bemessung GFK bewehrter Bauteile, CSA S806-10 akzeptiert.

Grundlage für das Zulassungsverfahren

Die Bemessungswerte der bereits zugelassenen GFK-Bewehrungsstäbe basieren auf diesem Konzept. Ende 2008 erhielt Schöck die erste Zulassung vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt, Z-1.6-238) für den geraden Schöck ComBAR-Stab mit einem Nenndurchmesser von 16 Millimetern. Bis Ende 2010 soll die Zulassung auf 8, 12 und 25 Millimeter Stäbe erweitert werden. Für den ComBAR Thermoanker – ein Bewehrungsanker mit hoher Wärmedämmeigenschaft für Halbfertigteil- beziehungsweise Doppelwände – mit einem Stabdurchmesser von zwölf Millimetern besteht seit 2009 eine Zulassung. Bisher verfügt Schöck als einziges Unternehmen in Deutschland über Zulassungen für einen derartigen Verbundwerkstoff aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Aktuelle Bauvorhaben werden dadurch erheblich erleichtert, da auf eine Zustimmung im Einzelfall bei der Verwendung von zugelassenen Stäben sogar verzichtet werden kann.

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